Mainz – Opfer von Gewalttaten sollten nach Ansicht des WEISSEN RINGS über die Haftentlassung eines Gewalttäters erfahren, ohne einen Antrag darauf stellen zu müssen. „Es darf nicht sein, dass das Opfer selbst aktiv werden muss, um nach einer Straftat sein Recht wahrnehmen zu können“, teilte ein Sprecher des WEISSEN RINGS mit. Ein solcher Antrag werde zum einen oft schlicht vergessen, zum anderen fühle sich das Opfer möglicherweise psychisch nicht in der Lage, einen solchen Antrag zu stellen oder sich überhaupt mit dem Fall zu beschäftigen. So könne es zu überraschenden und womöglich retraumatisierenden Begegnungen kommen.
Nach Ansicht des Bundesministeriums für Justiz trägt das deutsche Recht den Interessen von Opfern häuslicher Gewalt in derartigen Fällen bereits hinreichend Rechnung. Opfern ist auf Antrag mitzuteilen, wenn Täter aus der Haft entlassen werden, sofern kein überwiegend schutzwürdiges Interesse des Verurteilten dem entgegensteht, wie Pressesprecher Eike Götz Hosemann auf Anfrage mitteilte. Gleiches gelte bei der Entlassung aus Sicherungsverwahrung oder dem Maßregelvollzug sowie bei erstmaliger Gewähr von Urlaub oder Vollzugslockerungen. „Verletzte von Sexualstraftaten, versuchten Tötungen, Körperverletzungen, Nachstellungen und Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz haben Anspruch auf die Mitteilung, ohne dass es weiterer Voraussetzungen – wie etwa der Darlegung eines berechtigten Interesses – bedarf.“
In Frankreich sollen die Opfer von Partnergewalt im Kampf gegen Femizide künftig vor der Haftentlassung des Täters von der Justiz informiert werden, hatte Justizminister Éric Dupond-Moretti im Dezember angekündigt. Hintergrund war der Tod einer 44-Jährigen im Großraum Paris, die von ihrem Ex-Mann kurz nach seiner Haftentlassung erstochen wurde. Er hatte wegen häuslicher Gewalt und Todesdrohungen gegen seine Frau hinter Gittern gesessen.
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Text: dpa; Foto: Friso Gentsch/dpa